Was ist Waldbaden und warum ist der Wald gesund für uns?

Fühlst du dich oft müde, gestresst und findest keine Möglichkeit zur Ruhe zu kommen? Dann fehlt dir bestimmt etwas Grün in deinem Leben und damit meine ich nicht, dass du dir eine neue Wandfarbe zulegen sollst. Es geht um das Grün der Blätter im Wald.

In diesem Artikel geht es um das Thema Waldbaden und auf was für eine spannende Art und Weise der Wald dafür sorgen kann, dass wir uns besser fühlen, unser Immunsystem angeregt wird und wir den Stress des Alltages abschütteln können.

Wie Waldbaden funktioniert, was es dir bringt und was das ganze mit Themen wie Survival oder Bushcraft zu tun hat, das erfährst du in diesem Artikel.

Was ist Waldbaden?

Waldbaden, das bedeutet den Wald bewusst zu erleben und sich mit allen Sinnen auf sein Umfeld einzulassen. Was auf den ersten Blick ein bisschen esoterisch wirkt, ist tatsächlich ein fester Bestandteil des japanischen Gesundheitswesens und wird dort sogar per Rezept verordnet.

Shinrin Yoku, so nennt sich die Therapiemethode, die in Japan bereits seit Jahrzehnten von Fachärzten angeboten wird. In den USA ist Waldbaden ebenfalls eine anerkannte Therapiemethode und nach und nach spricht sich auch bei uns in Deutschland herum, dass der Wald der ideale Ort ist, um Ruhe zu finden und dem Alltagsstress zu entfliehen.

Warum ist der Wald so gesund für uns?

Der Wald bietet ein ganz besonderes Klima, das mit Waldklima sogar einen eigenen Namen besitzt. Bäume verdunsten große Mengen an Wasser und sorgen so für kühlere Luft mit einer hohen Luftfeuchtigkeit. Ein großer Laubbaum schafft es an einem guten Tag bis zu 200 Litern zu verdunsten. Die hohe Luftfeuchtigkeit tut unserem Körper und vor allem den Schleimhäuten gut.

Da ist aber noch mehr und jetzt wird das Thema erst so richtig spannend.

Ätherischen Öle, Phytonzide und Terpene

Neben der Luftfeuchtigkeit werden auch ätherischen Öle von den Bäumen abgegeben, was übrigens auch der Grund ist, warum es im Wald immer gut riecht und damit meine ich nicht nur Kienspan. Bewegen wir uns im Wald, nehmen wir diese ätherischen Öle mit unserer Haut und durch unsere Atmung auf. Durch diese Aromatherapie wird unser Immunsystem gestärkt und aktiviert.

In der Waldluft befinden sich Phytonzide und Terpene, die wir über die Atmung und die Haut aufnehmen. Phytonzide sind Abwehrstoffe der Bäume, und Terpene sind die Botenstoffe der Bäume und Pflanzen.

Phytonzide sorgen dafür, dass sich die Killerzellen in unserem Körper vermehren. Killerzellen sind dafür zuständig, Viren und andere unerwünscht Besucher aufzuspüren und zu attackieren. Die Pflanzen bilden Phytonzide als Schutz gegen Bakterien und Viren.

Schon mal gehört, dass Bäume sich unterhalten können? Terpene sind ganz besondere Botenstoffe, die von Pflanzen und Bäume genutzt werden, um sich beispielsweise über Schädlingsbefall auszutauschen. Die Terpene werden mit den entsprechenden Informationen in die Luft abgegeben, um so die umliegenden Bäume zu warnen. Bei uns Menschen stimulieren Terpene das Immunsystem, was mit einer Steigerung der Abwehrkräfte reagiert.

Die höchste Konzentration an Terpenen bekommst du übrigens im Winter im Nadelwald, denn Fichten, Kiefern und Tannen produzieren die wirkungsvollsten Terpene. Grundsätzlich lohnt es nach einem Regenschauer, oder bei Nebel in den Wald zu gehen. Zu diesem Zeitpunkt ist die Dichte von Terpenen und Phytonzide am höchsten und das unabhängig vom Waldtyp.

Dichter Wald mit Moos und Farn

Licht, Geräusche und frische Luft

Im Wald ist es ruhig, deutlich ruhiger als in der Stadt, denn dort schlägt uns der Straßenlärm mit durchschnittlich 70 dB um die Ohren. Das Rauschen der Blätter kommt gerade einmal auf 10 dB und wenn du in einem Nadelwald unterwegs bist, dann ist es noch ruhiger.

Egal wie müde ich bin, wenn ich mich morgens in den Wald aufmache, sorgt das Licht dafür, dass ich mich innerhalb kürzester Zeit so richtig frisch und wach fühle. Wenn ich nach einem stressigen Tag abends auf eine Runde mit den Hunden in den Wald fahre, sorgt das Licht dafür, dass ich runterfahre und den Stress abbauen kann. So geht es nicht nur mir, sondern das ist die Wirkung, die das Tageslicht zur jeweiligen Zeit auf unseren Körper hat.

Was bewirkt Waldbaden?

Im Kontext dieses Artikels spreche ich bewusst von Waldbaden, aber die Wirkung des Waldes bekommst du natürlich auch, wenn du anderen Beschäftigungen nachgehst. Dem Waldbaden werden folgende Wirkungen auf den Körper und Geist zugerechnet:

  • Rückgang der Stresshormone Cortisol und Adrenalin und der damit verbundenen Reduktion von Stress.
  • Der Parasympathikus wird aktiviert und sorgt im Körper für Ruhe und Regeneration.
  • Im Wald zu sein, senkt den Blutdruck.
  • Das Immunsystem wird durch die Luft bzw. die Terpene in der Luft gestärkt.
  • Aufenthalte im Wald wirken positiv auf Entzündungen.
  • Niedergeschlagenheit, Müdigkeit und Reizbarkeit werden reduziert.
  • Die Bildung von Killerzellen wird durch Phytonzide unterstützt bzw. erhöht.
  • Bewegung ist generell gut für den Kreislauf und die Muskulatur.
  • Ätherische Öle und der hohe Sauerstoffgehalt in der Luft sorgen für ein gesteigertes Wohlbefinden und bessere Laune.
  • Positive Wirkung auf Angststörungen und Depressionen.

Ich habe bestimmt noch jede Menge anderer Punkte vergessen, aber um zu zeigen, wie positiv die Wirkung des Waldes auf den Körper und unsere Stimmung ist, sollte es ausreichen. Grundsätzlich kann man sagen, dass Aufenthalte im Wald einen sehr positiven Einfluss auf das Immunsystem haben und Stress reduzieren.

Wie funktioniert Waldbaden?

Jetzt ist aber mal langsam Schluss mit der Theorie, denn die ganzen Vorteile des Waldes bekommt man nur, wenn man nach Draußen und in den Wald geht. Um deine ersten Versuche zu machen brauchst du nichts, außer ein Paar feste Schuhe, passende Kleidung (lieber etwas wärmer anziehen), etwas zu trinken und dein Handy solltest du auf jeden Fall aus machen oder zumindest lautlos stellen.

Klassisches Waldbaden

Wenn du dem therapeutischen Ansatz folgen willst, dann geht es darum, den Alltag zu vergessen und den Wald mit allen Sinnen zu erleben. Du kannst Vögel beobachten, an Bäumen riechen oder mit den Fingern in der Erde buddeln. Es gibt im Grunde keine festen Regeln außer, dass du dich voll und ganz auf deine Umgebung einlassen solltest.

Das Lauftempo beim Waldbaden ist eher langsam und wenn man so will ein bisschen das Gegenteil vom Wandern. Während man beim Wandern ein festes Ziel hat, das es zu erreichen gilt, geht es beim Waldbaden eher darum, kein Ziel zu haben und durch den Wald zu wandeln.

Bereits 20 bis 30 Minuten im Wald helfen dabei den Stresspegel zu senken bzw. das Stresshormon Kortisol im Blut zu reduzieren. Verbessern lässt sich der Effekt des Waldbadens durch Entspannungsübungen wie Atemübungen oder Meditation.

Praktische Übungen für den Einstieg

Wenn du dich das erste Mal in den Wald aufbrichst, dann wirst du vielleicht gar nicht genau wissen, was du jetzt machen sollst. Mein erster Tipp ist hier, mach dir bewusst, dass du kein Ziel hast. Du hast kein Ziel und kein Zeitdruck, du bleibst einfach so lange wie du möchtest und badest im Wald.

Um noch besser abzuschalten, gibt es ein paar einfach Übungen, die du machen kannst.

Übung 1 (Augen zu): Wir machen viel zu viel mit den Augen und alle andern Sinne kommen schnell zu kurz. Um das Waldbaden richtig zu erleben, kannst du dir einen ruhigen Platz suchen und etwas aus dem Wald in die Hand nehmen. Ein Ast ist super oder einen Tannenzapfen, was dich anspricht.

Jetzt setzt du dich und machst einfach für einige Minuten die Augen zu und lässt die anderen Sinne übernehmen. Entdecke die unterschiedlichen Oberflächen von dem Stück, das du in der Hand hast, benutze deine Nase, um den Wald zu riechen und hoch was um dich herum passiert.

Übung 2 (Kombinieren und legen): Schau dich einfach um, such dir Dinge, die dich ansprechen und kombiniere sie, wie es dir gefällt. Du kannst versuchen einen Turm aus Steinen zu bauen, indem du sie so hoch wie möglich aufeinander stapelst oder du legst ein Bild oder eine Figur aus den Dingen, die du findest. Was du möchtest bzw. dir gerade in den Sinn kommt.

Übung 3 (Ganz nah ran): Wenn du langsam und ziellos durch den Wald läufst, werden dir schon deutlich mehr Dinge auffallen als sonst. Noch spannender wird es allerdings dann, wenn du mal so richtig nah herangehst und dir die Oberflächen und Strukturen, die es im Wald gibt, ganz genau anschaust.

Vielleicht setzt du dich auch einfach hin und schaust dir den Waldboden genau an, vielleicht entdeckst du einen Ameisenhügel, den du aus nächster Nähe beobachten kannst. Es gibt so viel zu entdecken, wenn man nur hinschaut.

Nahaufnahme von Moos an einem Baumstamm

Waldbaden mit Outdoorausrüstung

Falls du dich bis hierhin gefragt hast, warum man sich auf einer Outdoor-Seite mit dem Thema Waldbaden beschäftigt. Du kannst dir ohne Probleme, die vielen positiven Effekte des Waldes schnappen und mit ein wenig Outdoorausrütung kombinieren. Außerdem liebe ich alles, was damit zu tun hat raus zu gehen.

Um den Aufenthalt im Wald deutlich komfortabler zu gestalten, kannst du dir einen passenden Campingstuhl einpacken und es dir unter einem großen Baum gemütlich machen. Wenn du nur einen kurzen Ausflug planst, dann kann auch ein Stück Isomatte oder ein Sitzkissen reichen, wenn du länger bleibst, ist ein leichter Campingstuhl eine tolle Ergänzung.

Aber es geht noch mehr, wie wäre es, wenn du eine Hängematte einpackst und vielleicht ein Nickerchen machst, nachdem du liegend das Spiel der Blätter im Wind verfolgt hast. Ich kann dir garantieren, dass die erholsame Wirkung eines Nachmittags mit der Hängematte im Wald kaum zu überbieten ist.

Bushcrafting als Alternative

Wenn du die positive Wirkung des Waldbadens interessant findest, aber nichts dafür übrig hast in zu meditieren oder an Bäumen zu riechen, dann ist Bushcrafting vielleicht genau das richtige für dich.

Beim Bushcrafting geht es darum, handwerkliche Fähigkeiten zu erlangen, die dir das Überleben in der Natur sichern können. Anders als beim Survival bist du aber nicht in einer Notsituation und hast auch Werkzeuge zur Verfügung. Bushcrafting kann bedeuten ein Lager zu errichten, Wasser zu suchen, in der Natur zu navigieren oder was sonst für das Überlegen in der Wildnis notwendig ist. Dabei kombiniert es Outdooraktivitäten, Überlebenstechniken und Dinge wie Pflanzenkunde, Tierkunde und Baumkunde.

Auch wenn es sich auf den ersten Blick so scheint, muss es beim Bushcraften nicht zwingend anstrengend oder kräftezehrend zugehen. Einfach nur einen Nachmittag im Wald verbringen, einen Löffel schnitzen, die Natur genießen und den Alltag vergessen, auch das ist Bushcrafting.

Fazit

Botenstoffen wie Phytonzide und Terpene, die frische Luft, ätherische Öle und noch so vieles mehr hat uns der Wald zu bieten. Die positive Wirkung des Waldes auf unser Immunsystem, unsere Psyche und verschiedene Erkrankungen sind dabei durch eine Vielzahl von Studien belegt.

Ob du dich für ein Bad im Wald, einen einfachen Spaziergang oder einen Nachmittag in der Hängematte entscheidest, ist dabei erstmal völlig egal. Wichtig ist nur mehr Zeit im Wald zu verbringen. Für den Anfang haben bereits 20 bis 30 Minuten, ein paar Mal pro Woche, eine nachweisbare Wirkung. Wenn es dir wie mir und vielen anderen Outdoor-Verrückten geht, dann wirst du sicher schnell dazu übergehen, immer mehr Zeit im Wald zu verbringen.

Quellen:

https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpsyg.2019.00722/full
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/besuch-bei-dr-wald/
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22320203/